Es war der 26. Jänner, d.h. indischer „Republic Day“. Ich bin davon überzeugt, dass alle von euch, die Nachrichten lesen oder Fern sehen, wissen wovon ich spreche. Großes Trara, besser gesagt, Militärshow ist an diesem Tag angesagt. Für uns bedeutete dies – Alarmstufe Rot in Delhi, erhöhte Sicherheitskontrollen sowie nahezu alle Läden, Museen, usw. geschlossen. Nachdem wir in Mumbai informiert wurden, dass unser Flug aufgrund von starkem Nebel abgesagt wurde, wir jedoch gleichzeitig auf einen anderen Flug (eine Stunde später) umgebucht wurden, kamen wir dann nochmals mit 2 Stunden Verspätung endlich in Delhi an. Ich weiß nicht, ob ich das euch schon geschrieben habe: Alle Fluglinien hier in Indien sind wirklich erste Klasse. Selbst die Billigfluglinien sind Top, da habe ich schon andere Flugzeuge gesehen (z.B. Panama – auch ein Erlebnis hehe). Und ja, bei der Ankunft in Delhi herrschte wirklich starker Nebel. Wir sahen also nicht viel auf dem Weg zu unserem Hotel. Wir konnten lediglich postum feststellen, dass Delhi wohl wesentlich sauberer zu sein scheint. Aber mal ehrlich, ist und war man einmal in Mumbai, so ist dies nicht schwer hehe. Wir wurden also von unserem Chauffeur, der uns die ganze Woche begleiten würde, ins Hotel transferiert. Da wir nicht wie ursprünglich gehofft mit unseren Eltern die netten 5*-Bunker kennenlernen würden, waren wir bei unserem „Alternativ“-Budget-Programm auf andere Hotels angewiesen. Es sollten 2-3 Sterne Hotels sein,… waren es letztendlich vielleicht auch. Wie ihr vielleicht wisst, sind unsere Ansprüche nicht sehr hoch, trotzdem waren wir über die Gegend, in dem sich unser Hotel befand, nicht ganz glücklich :). Und wenn dann einem der Chauffeur rät, nicht aus dem Hotel zu gehen, dann fragt man sich 2-mal warum und „wie unsicher ist denn die Gegend wirklich?“. Na gut, es war nicht so schlimm, wir verbrachten jedoch unseren restlichen Nachmittag wirklich im Hotel, denn sämtliche Läden waren sowieso geschlossen.

Am nächsten Tag ging es für uns um 9 bereits los – Sightseeing in Delhi. Das Beste, unser gebuchter Guide war ein Sikh. Ich weiß nicht, inwiefern ihr über Sikhs Bescheid wisst, jedoch könntet ihr einen Sikh jederzeit identifizieren. Denn dies sind jene Personen, die einen Turban tragen sowie lange Bärte haben. Deren Religion ist wirklich sehr interessant (weltoffen) und damit verbunden ist, dass diese sich deren Haare niemals schneiden (strenggläubige zumindest). Unser Trip begann in der größten Moschee ganz Indiens: Jama Masjid. In den Morgenstunden herrschte noch Frische, zu sehr haben wir uns schon an die Wärme des Südens bzw. Mumbais gewöhnt. Diese Moschee ist ein pompöses und zugleich beeindruckendes Monument. Danach ging es dann auf den lokalen Chandni Chowk Markt. Ich weiß nicht, ob sich alle von euch alleine in diese Gassen trauen würden, wir waren jedenfalls auch froh, mit unserem Guide unterwegs zu sein hehe. Ich muss fairerweise berichten, dass ich mich hier in Indien kaum einmal wirklich unsicher gefühlt habe und ich bin mir sicher, dass uns auch alleine nichts passiert wäre, lediglich die kleinen, zu dieser Zeit noch dunklen Gassen, gefüllt mit Müll und schlafenden Personen usw. lassen offensichtlich ein bisschen Unsicherheit aufkommen. Gut jedoch, auch das gesehen zu haben, denn es wird einem immer wieder vor Augen geführt, unter welchen ärmlichen Verhältnissen die meisten Inder leben müssen. Wohnung gibt es nicht und ein Schlafplatz nur eventuell. Schlafen bei 7 Grad Außentemperatur mit frischem Wind, so wie das Wetter in Delhi war, wäre auch nicht gerade meins. Die Notdurft wird in einem Straßengraben oder gar auf dem Gehsteig vollbracht, während gleich daneben Chai und frittierte Samosas, Pakoda, Wadas,… gekocht werden. Wiederum daneben sitzt ein Krüppel, dessen Füße vielleicht 10-Mal gebrochen sind, oder einfach so gewachsen sind, jedoch nicht „funktionsfähig“ zu sein scheinen. Dahinter verkauft ein Papierhändler seine neuen 2010-Kalender um knapp 40 Eurocents. Sieht man Richtung Himmel, so sieht man abbruchsreife Häuser mit dunklen Hauswänden sowie unglaublich viele „Strom bzw. Telefonleitungen“. Man kann sich nur wundern, sollten diese auch wirklich funktionieren. Am Besten, ihr seht mal in der Fotogalerie nach, wovon denn die Rede ist hehe.

Danach ging es mit unserem Privatauto zum Gate of India, zum Rajpath (jene Promenade, wo die Mega-Militärparade stattfindet) und zu den unter britischer Herrschaft errichteten Regierungsgebäuden. Da jedoch noch sehr viele „VIPs“ in Delhi waren (dazu gehören auch Militärchefs) waren die meisten Lokalitäten allerdings geschlossen. Für uns ging es stattdessen und aufgrund unseres Reiseleiters zu einem Sikhs-Tempel. Da diese Religion den Ursprung im Hinduismus hat, unterscheiden sich deren Tempel nicht wirklich (zumindest für mich nicht). Wir besuchten dabei auch jene Großküche mit Monster-Woks hehe, wo tagtäglich hunderte von Mahlzeiten zubereitet werden. Alle Personen, egal ob Herkunft und Religion, erhalten hier kostenfreie Mahlzeiten, d.h. alle können mit ganzen Familien hingehen und essen. Wir erlebten dabei auch einen jungen Herrn, der bei Sikhs um Geld gebeten hatte. Diese hatten auf die Küche verwiesen und ihm mitgeteilt, er möge doch die ganze Familie dorthin bringen, denn das Essen würde ihnen gratis zur Verfügung gestellt werden. Er wollte jedoch Geld und bat auch uns darum. So wie er gibt es auch an vielen weiteren Orten extrem viele Personen (besonders in touristischen Gegenden), die Gutmütigkeit anderer Personen ausnützen. So sind dies Mütter mit schwer vernachlässigten Kindern in deren Armen, die meistens nach Geld betteln. Wir bieten ihnen stets an, Bananen für sie zu kaufen. Diese weisen das Angebot oft zurück und bestehen auf Geld, oder sie möchten gerne Reis. Na gut dachte ich mir, dann kaufen wir ihr eben eine Packung Reis. Auch dabei hat man mich zurechtgewiesen, diesen nicht zu kaufen, denn dieser wir anschließend (mit kleinem Abzug), dem Händler „zurückverkauft“. Gibt man diesen vermeintlich Armen also Essen, so sollte dies schon geöffnet sein. Freude bereiten uns vor allem die Kindern, denn diese freuen sich riesig über einen Lolli oder Bonbons oder andere „Geschenke“. Ein Strahlen beherrscht deren Gesicht. Viele Mütter hingegen (so erklärten es uns nun schon einige Inder), mieten sich für einen kleinen Betrag Kinder von anderen Personen (die deren Kinder aus Geldnot verkaufen müssen!) um diese dann schwer vernachlässigt (Wunden,…) den Touristen zu zeigen und möglichst Geld zu bekommen. Davon ist wirklich schwer abzuraten. Klingt unfair, schräg,… ist jedoch leider so. Wie gesagt, besser man bietet ihnen Bananen, Wasser oder andere Dinge an, die sie bei Bedarf auch tatsächlich verzehren, denn mit Geld werden zumeist Drogen gekauft, oder (so sagen es zumindest andere Inder), wurden so auch schon andere reich damit. Ehrlich gesagt, ist man hier ganz einfach hilflos. Gibt man einem etwas, so stehen gleich 100 andere da. Wir gaben einmal einem Kind unsere kleine leere Geldbörse, da wir kein Geld noch andere Dinge bei uns hatten. Da diese jedoch zu zweit waren, begannen sich diese zu streiten, wem sie denn nun gehören würde. Wir wissen nicht, wie sie es letztendlich gelöst haben, hoffen jedoch, dass sie dies konnten. Einfach zu betteln ist für uns (Lucia und mich) inzwischen nicht mehr fair gegenüber anderen. Wir geben dabei nur Geld, sollten diese Personen alt, verkrüppelt oder andere Probleme haben, sodass sie nichts mehr tun könnten, ansonsten müssen diese schon arbeiten, um an Geld zu kommen. Eine junge Mutter hat genauso die Möglichkeit zu arbeiten, als eine „Putzfrau“, die tagtäglich Stunden arbeitet um letztendlich an 80 Rupies zu kommen. Genauso schinden sich Frauen jahrelang gebückt in Reisfeldern den Rücken und erhalten, wenn überhaupt, nur einen geringen Lohn dafür. Vergleicht man diese Fälle, so ist es doch unfair gegenüber den Arbeitenden. Am besten sollte sich jede/r selbst ein Bild davon machen… Wenn ich so lese, was ich gerade geschrieben habe, so klingt dies ziemlich abgebrüht und zum Teil asozial. Nachdem ich diese Situationen jedoch schon 100e Male gesehen habe, mich schon 100e Male gefragt habe, ob ich wohl das Richtige tue, mich mit X-Personen über dieses Thema unterhalten habe, denke ich inzwischen so. Noch viel krasser denken die Inder selbst darüber. Beschimpfungen, körperliche Tätigkeiten und vieles mehr haben wir schon mitbekommen. Schade, dass sich am Ende alles um das Geld dreht, allerdings entscheiden einige Rupies hier eben über Leben und Tod.

Zurück zu unserer Delhi-Tour: Inzwischen hatten wir Hunger bekommen und wir wurden zu einem der vielen Touristenrestaurants mit weit überhöhten Preisen geführt. Da wir nicht glauben, dass diese Restaurants auch wirklich sauberer sind (man sieht kaum in die Küchen, am ehesten noch in den Straßenrestaurants), gingen wir gleich wieder raus und erklärten unseren Begleitern (Chauffeur & Guide), dass wir „Wadas“ (Straßenrestaurants) lieber mögen. Und zugegeben hatten wir davon noch nie eine Magenverstimmung noch Durchfall. Nur Lucia hatte sich einmal eine Lebensmittelvergiftung von Hühnerfleisch eingeholt. Und wo? Im McDonalds!! Das Essen in der Straße war hervorragend und kostete für 3 Personen insgesamt so viel wie ein Roti (Fladenbrot) im Touristenrestaurant, welches kaum besser hätte sein können. Egal war uns, dass zwischendurch mal eine Kakerlake über den Tisch rannte und dass der Platz als solcher alles andere als einladend beschrieben werden kann. Das Essen jedoch TOP!! Für den Guide gab es halt auch keine Provision (zwischen 30-40 %). In unserem Falle war es ihm egal, ich bin mir jedoch sicher, dass dies ein ordentlicher Zusatzverdienst für diese bedeutet.

Nach dem Mittagsessen ging es dann zum architektonisch sehr gelungenen Lotus Tempel. Die davorliegende Grünanlage ermöglichte einen schönen Anblick, obgleich die Atmosphäre komisch war. Westliche Leute wie ich es bin, baten um Stille und erklärten kurz, wofür der Tempel ist – um zu meditieren. Komisch für uns war, dass es eben keine Inder waren, sondern nahezu ausschließlich „Weißhäuter“ hehe. Zum Schluss dieses langen Tages ging es dann nach längerem Stau noch zum Qutb Minar. Zentrum ist ein historisches Minarett (Sandsteintrum über 70 Meter hoch), der von schönen, hunderte Jahre alten Ruinen umgeben ist. Dieser Ort, der Teil des Weltkulturerbes ist, wird außerdem von vielen knall-grünen Papageien bewohnt. Schön, dass es in einer Millionenmetropole wie Delhi doch noch „Lebensraum“ für Pflanzen und Tiere gibt. Wir wurden danach von unserem Guide noch zu ihm nach Hause eingeladen. Alle Mitbewohner (insgesamt zu fünft) schlafen auf dem kalten Fußboden, Decken ersetzen dabei eine Matratze und trotzdem beläuft sich der stolze Wohnungspreis auf 30.000 Rupies (470 €). Zum Vergleich – Gehalt eines Programmierers liegt bei knapp 7000 Rupies – also 110 €. Nach Chai und interessanten Gesprächen, gingen Lucia und ich zum Abschluss noch in ein typisch amerikanisches Restaurant, welches wir im Lonely Planet gesehen hatten. Knallrote Barhocker, Jukebox usw. prägten das Design während unsere Burger und French Fries ok waren, aber nicht umwerfend. Vor allem Lucia hatte dieses Essen jedoch so sehr gemisst, dass wir auf jeden Fall hin mussten. Ja das war Delhi für uns, arm, reich, sauber und dreckig, indisch und doch westlicher Einfluss – nahezu alles gibt’s hier.

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