Die Unterkunftssuche für Rio verlief ein bisschen hektisch, da die Hotels doch recht teuer (zumindest für uns zu teuer, möchten wir doch 3 Monate und nicht nur eine Woche reisen) sind. Die Übernachtung im Alto Vidigal Hostel an der Spitze der gleichnamigen Favela war also recht spontan. Lucia fiel ein, dass eine ehemalige Schulkollegin inzwischen in Rio wohnt und kontaktierte diese dann über Umwege dank Facebook. Dass diese dann direkt in einem der bessten Wohnviertel (Ipanema) von Rio wohnt, war natürlich doppeltes Glück. Ihre Mitbewohnerin mietet die Wohnung seit knapp 7 Jahren und zahlt für die geschätzten 70 m² seither umgerechnet 2000 USD. Der heutige Mietpreis liegt wohl bei einem Vielfachen. In der ganzen Stadt ist ein enormer sturktureller Wandel ersichtlich. Die Vorbereitungen für die Fußball-WM 2014 und anschließend die olympischen Spielen 2016 laufen auf Hochtouren. Neben Wohnblöcken werden bestehende U-Bahn Linien sowohl unter- als auch oberirdisch erweitert, ganze Wohnviertel rundum erneuert sowie enorme Anpassungen im Bereich Sicherheit vorgenommen. So wurden zahlreiche Mini-Polizeistationen errichtet sowie Strassen und Plätze werden nachts lichtgeflutet.

Zudem wurden und werden nach wie vor ganze Viertel (Favelas) “entkriminalisiert”. Eine Favela kann Mann sich folgendermaßen vorstellen: da sie meistens am Hang eines Berges liegen gibt es eine primäre Zugangsstrasse, die am Beginn eine Art Eingang hat. Theoretisch kann jeder zu Fuß eine Favela besuchen, praktisch ist davon jedoch abzuraten, sofern man nicht weiß, wer nun über dieses Viertel regiert. In der Regel existieren Gangs und diese wissen genau, wenn jemand fremd sein sollte. Da deren Geld mit Dorgenhandel usw. verdient wird, ist alles nicht bekannte unerwünscht, auch die Polizei. Bereits mit der Zusage der Großereignisse (2006) wurde begonnen, eines nach der anderen Favela zu “parifizieren” – kurzum, das Militär stürmt die Gegend, mitunter werden Leute (auch Kinder) in einem Gefecht erschossen und anschließend Polizeistützpunkte errichtet. Drakonische Strafen sollen die Bewohner folglich davon abhalten, illegale Aktivitäten fortzuführen. Tatsächlich scheint diese Methode Erfolg zu haben, so können Vidigal, Rocinha, Alemao etc. inzwischen durchaus als sicher betrachtet werden. Natürlich wird man noch immer schräg angesehen, kennt man jedoch lokale Bewohner, so ist alles in Ordnung. Generell muss man einmal gesehen haben, wie diese Leute wohnen. Unglaublich in welchen Gegenden hier gebaut wird, wie jeder freie m² genutzt wird, wie zweispuriger Verkehr auf einer einspurigen Straße statt finden kann usw.

Von chaotischen Verhältnissen ging es dann nicht weit ins geordnete Viertel: Ipanema. Wir trafen uns dann mit Yolo, bei der wir dann die folgenden drei Nächte übernachteten. Nach einer kurzen Essenspause in einem weiteren Kilo-Restaurant galt es anschließend die erste Touri-attraktion zu besichtigen: Corcovado mit der bekannten Christus-Statue. Der eigentliche Grund für uns war nicht die Statue selbst, sondern der bekannte Ausblick, der sich über die Stadt ermöglicht. So sieht man die Stadtzonen Nord (Macarana Stadion, wo 1950 200.000 Zuschauer das WM-Finale Brasilien gegen Uruguay sahen), Zentrum mit den historischen Gebäuden und Pao de Azucar (Zuckerberg) sowie Süd (Ipanema). Der schöne Ausblick ermöglichte außerdem auch wieder die Sicht von großen Frachtschiffen, Bohrinseln und weiteren Großindustrieanlagen, die durch das städtische Wachstum nun Teil der Stadt darstellen. Noch immer mit kleiner Magenverstimmung ging es dann mit dem Bus wieder zurück nach Hause, wo wir uns für den nächsten Tag ausruhten.

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