Die Einrichtung der Wohnung war jedoch noch nicht abgeschlossen. Es fehlten Vorhänge, Herd, Waschmaschine, Kühlschrank,… Das Wichtigste für uns war als nächstes der Kühlschrank sowie die Waschmaschine. Nach einer weiteren Nacht in unserer neuen Wohnung ging es also wieder zur “Chembur Station “, diese Bahnhofsstation ist wie eine kleine Stadt. Das Bahnhofsgebäude ist dabei kaum ersichtlich, da die vielen kleinen Läden neben dem Bahnhof, die Straßenverkäufer sowie die sehr vielen Leute auf der Straße die Station als einen kleinen Laden betrachten lassen. Man könnte dieses Gebiet als einen sehr großen Bazar beschreiben. Linksverkehrende Rikschas, alte Busse passierend, Händler die ihre Waren auf wenigen Quadratmetern anbieten, sowie tausende Leute Teilen sich eine einzige Straße. Die Inder schauen einem regelrecht nach, da diese (zumeist kommen sie aus dem Hinterland von Indien) die “weißen, wildfremden” Touristen zum ersten Mal sehen und von deren Existenz wohl das erste Mal erfahren. Sie starren einen regelrecht an, dies ist am Anfang gewöhnungsbedürftig, festzustellen ist jedoch gleichzeitig, dass dies gutgewillte Blicke sind, keinen Hass bzw. Bösartigkeit in sich tragen. Vor allem die kleinen Kinder und die jüngeren Personen sind es, die einen dann mitten auf der Straße ansprechen mit: „Hello, how are you?“. Sie begleiten dich ein wenig, fragen neugierig einige kurze Fragen und verschwinden gleich schnell wie sie gekommen waren wieder in der Menschenmenge. Im Gegensatz zu Mexiko ist mir hier bisher vor allem eines aufgefallen, was als besonders konträr zu betrachten ist: die Sicherheit. In einer ähnlichen Umgebung, d.h. Menschenmenge, wenig Platz usw. in Mexiko würde ich niemals mit einem Rucksack unterwegs sein, auch nicht in Costa Rica, Panama oder Guatemala. Hier tragen wir jedoch fast immer einen Rucksack, ohne Probleme und ich glaube auch zu behaupten, dass sie nichts stehlen würden, bzw. dass die Zivilcourage vorerst für einen Ausländer vorhanden wäre. D.h. kommt es zu einem kleinen Wortgefecht, so hätten wir Ausländer hier wohl einen Bonus. Wichtig dabei ist jedoch, keine Gewalt bzw. Aggressivität zu zeigen, ansonsten ist es vorbei mit dem Bonus und die nächsten Touristen wären wohl nicht mehr ganz so gerne gesehen (dies musste ich bisher jedoch noch nicht selbst erleben, Rahul hat mir das jedoch erklärt und diesen Eindruck kann ich derweil durchaus mit ihm teilen). Die Leute sind also grundsätzlich sehr sehr zuvorkommend, starren einen zwar an, dies jedoch aus Neugier.
Wir kauften nach zahlreichen Verhandlungen letztendlich auch den Kühlschrank und die Waschmaschine… Lieferung nach Hause selbstverständlich im Verkaufspreis inklusive. Beides zusammen kostete uns umgerechnet 220 Euro. Vor allem auf den Kühlschrank haben wir so sehr gewartet, da das Wetter hier bisher extrem warm war. Nachts um die 20 Grad, tagsüber wohl um die 30 Grad, da kommt ein erfrischendes Wasser der Kühlung gerade recht. Erschreckend wenig wird auch Trinkgeld in den Restaurants gegeben… 5 Rupies ist üblich, über 10 Rupies auf keinen Fall hat uns Rahul gesagt. Also knapp 15 Cents. Das Schwierigste für mich bisher war, Arm und Reich zu unterscheiden. Es gibt viele Arme, die einfach betteln gehen und damit viel Kohle machen. Es gibt Bücher und Filme darüber und die Inder lassen sich dabei einiges einfallen. Gleichzeitig gibt es eben zu viele Arme, die das Geld wirklich brauchen. Die Frage die sich am Ende stellt, wem gibt man Geld und wie viel gibt man? Der Rikschafahrer bekommt für eine 15 Minutenfahrt weniger als 15 Rupies. Warum bettelt ein Bettler nach mehr Geld, wenn man ihm bereits 5 Rupies gegeben hat? Wieviel ist also vertretbar? Falls ein Bettler innerhalb von 10 Minuten 10 Rupies macht, dann wird der Rikschafahrer wohl auch seinen Beruf wechseln. So erklärte mir Rahul, dass wir nicht zuviel geben sollten, denn ansonsten würden sie sich daran gewöhnen. Meine neue Taktik nun, ich gebe einfach auch dem Rikschafahrer 2 Rupies drauf. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie fröhlich er mit diesen 3 Euro-Cents ist und wie oft er sich dafür mit einem herzlichen Lächeln bedankt. Für mich wirklich unglaublich, und diese Lächeln tun seelisch gut. Aufgefallen ist mir außerdem, dass nahezu ausschließlich Frauen und Kinder betteln. Bringen die Kinder das Geld nicht nach Hause, so werden sie wohl Prügel einstecken müssen, sofern sie überhaupt Eltern und ein Zuhause haben. Ich hoffe, dass ich dann in einem halben Jahr einen besseren Einblick in das ganze haben werde und werde dann wohl besser beurteilen können, wieviel Geld sollte man geben, falls man überhaupt gibt und was sollte man eher vermeiden. Was mich jedoch noch viel mehr interessiert ist, wie kann man diesen Leuten helfen? Denn ihnen nur Geld zu geben, bringt ihnen letztendlich wahrscheinlich nur gering weiter.