Am 23. abends (nachdem Lucia von der Uni zurück kam) flogen wir dann nach Hyderabad, um Weihnachten mit den Eltern von Rahul zu „feiern“. Nach Ankunft und auf dem Weg nach Hause war für uns ersichtlich, dass Hyderabad wesentlich sauberer als Mumbai ist. Dies ist allerdings nicht schwer glaube ich hehe. Die Luft und die Temperatur frisch, neue und gute Straßen, wenig Müll auf der Straße,… Wir kamen dann so gegen 10 Uhr abends in Rahul’s zuhause an. Wie für uns war es auch für ihn das erste Mal in diesem Haus, da sie kürzlich umgezogen sind. Es war dies ein großes, modernes Haus in einer neuen Siedlung, Ergebnis eines enormen Baubooms in Hyderabad. Ähnlich wie Bangalore siedeln sich hier nämlich viele Konzerne (hauptsächlich IT-Konzerne wie Microsoft, Google, IBM,…) an, die ihre Offshoring-Strategien hier verwirklichen.

Wir lernten dann Rahul‘s Eltern kennen. Der Vater, ein vielarbeitender Geschäftsmann, der seine eigene Infrastrukturprojekte-Firma besitzt, u.a. Flughäfen bauen lässt und knapp 8000 Mitarbeiter beschäftigt. Wie sich herausstellte, kann er seine Arbeitszeit im Wesentlichen selbst einteilen, ging jedoch jeden Tag zur Arbeit. Am 24. Dezember genauso wie sonntags. Die Mutter, Hausfrau, die aus einer sehr bescheidenen Familie zu kommen scheint und ihre Lebensweise entsprechend der „typischen Frau der oberen Mittelschicht“ und vom Hinduismus geprägt gestaltet, d.h. früher hatte sie gearbeitet, heute ist sie „nur mehr“ Hausfrau. Während das Haus in der Regel durch eine Hausangestellte geputzt und gepflegt wird, kocht sie manchmal und geht oft einkaufen. Neben Kleidung sind vor allem Schmuck wie goldene Ketten, Diamanten usw. sehr gefragt. Sie scheint jedoch aus ärmeren Verhältnissen zu kommen, da Traditionen (genau wie in ländlichen Gegenden) noch sehr gelebt werden und ihre Verhaltensweise als sehr konservativ zu betrachten ist. Sie weiß nicht viel über die Welt, erfrägt alles, und ist neugierig wie Kinder. Auf uns wirkte sie sehr sympathisch bzw. leicht schüchtern. Sie fragte uns, wie wir leben, ob das Leben viel anders ist in Mexiko und Österreich, was wir essen und trinken, usw. Gleichzeitig haben wir festgestellt, dass in dieser Familie das Leben sehr geregelt zu sein scheint. Rahul sollte nach Ansicht seiner Mutter innerhalb von 2 Jahren heiraten, notfalls per Liste seine Ehefrau aussuchen. Selbstverständlich aus der gleichen Kaste und sogar Subkaste, möglichst mit viel Geld. Zuerst muss er jedoch einen guten Job finden. Sie selbst wurde „zwangsverheiratet“, d.h. die Eltern haben sich bei der Heirat das erste Mal gesehen. Der Sinn des Vaters ist es Geld zu verdienen und dadurch Ansehen zu erreichen, während sich die Mutter um die Kinder kümmert sowie Ansehen durch viel Schmuck und vielen Saris erreicht. Ich glaube nicht, dass ich berechtigt bin, hierbei über gut oder schlecht zu urteilen, sondern viel mehr versuchen sollte, diese Traditionen und Umstände zu verstehen. Denn dies sind nur zwei wesentliche Merkmale einer sehr unterschiedlichen Lebensweise bzw. einer anderen Kultur. Genauso kann man feststellen, dass der Lohn von Mann und Frau bei gleicher Arbeit eben gleich groß ist. Wir haben den Eltern beispielsweise erklärt, dass dies bei uns nicht so ist, sondern dass Männer für die gleiche Arbeit wesentlich mehr verdienen als Frauen, was viele Fragen seitens der Mutter zur Folge hatte. Sie fragte uns, warum? Sie machen doch die gleiche Arbeit oder? Sie arbeiten gleich viel oder? Sie machen den Job doch gleich gut oder? Traditionen und Sitten sind aus meiner Sicht also zu hinterfragen, eventuell als kritisch zu betrachten, jedoch zu akzeptieren. Gerade in Indien scheint die Bevölkerung dies sehr zu tun, denn nur so ist das friedliche Miteinander von Muslimen (Polygamie, Verzehren von Rindfleisch, Verbot des Schweinefleisches, arbeitsfreier Freitag, usw.), Christen (Alkohol, Rindfleisch, arbeitsfreier Sonntag,…), Juden (freier Samstag), Hindustani (Verbot des Rindfleisches, Kastensystem,…) uvm. erklärbar.

Wie ich den meisten per SMS mitgeteilt habe, ist Weihnachten aufgrund eines noch unwesentlichen Einflusses des „Westens“, kaum feststellbar. Es fehlen die Christbäume genauso wie Weihnachtsmänner. Am 24. und 25. wird gearbeitet und Geschenke gibt es i.d.R. keine. Da wir auf dem Handy jedoch 24.12.2009 stehen sahen, war es für uns ein bisschen anders. Wir gingen abends also in das „Novotel“ (westliche Hotelkette) in Hyderabad, wo wir ein sehr gutes Abendessen genossen und noch 2-3 Fotos mit dem Weihnachtsmann mit seiner Kutsche, welcher sich am Eingang des Hotels befand, machten. Danach fuhren wir noch in eine christliche Kirche, in der wir eine Mette a la Indien miterlebten. Am nächsten Tag schenkten wir uns gegenseitig noch Kleinigkeiten. Wir haben also versucht, zumindest ein bisschen unsere Traditionen zu bewahren.

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